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B e t h a n a
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Einwohner: |
5.580 |
Adelsfamilien: |
v. Aralzin-Bethana, Aralzin v. Bethana-Selzin,
di Piastinza |
Garnisonen: |
1 Banner Horasische Reitergarde „Bethaner
Bogner", 1 Kompanie Erzherzöglich Horasianische Bogner, 10 Stadtbüttel |
Tempel: |
Efferd, Hesinde, Travia |
»Das älteste Bauwerk der Stadt
ist der Efferdtempel - ja, er bestand bereits, ehe es einen Ort Bethana
gab. Denn der Überlieferung nach begründete bereits die Heilige
Lamea, Gemahlin des Horas, hier einen Altar für den Gott der Meere,
den die Güldenländer als Effard kannten und der sie sicher nach
Aventurien gebracht hatte. Tatsächlich ist Bethana nur einen halben
Tagesmarsch von Horasia im Binnenland entfernt.
Gesichert ist jedenfalls, daß im
Jahre 590 Horas hier die Heilige Bethana nach einem Traumgesicht einen
verfallenen Altar des Meeresgottes auffand und über ihm ein weit größeres
Heiligtum mit Tempel und Kloster errichtete, das spätere Generationen
mit ihrem Namen verbanden.
Viele Jahrzehnte lag der Efferdtempel
allein da, stolz und schön über dem Strand, und man kann nicht
mehr feststellen, wann sich aus den allmählich dazugekommenden Fischerhütten
und Bauernkaten ein Dorf und dann gar eine Stadt entwickelte. Doch da tatsächlich
so viele Gebäude des alten Bethana-Tempels unzerstört sind, darf
man vermuten, daß die rasenden Garether den Ort nach der Zerstörung
Bosparans gar nicht als rechte Stadt wahrnahmen und davor zurückschreckten,
einen reinen Tempelkomplex zu verheeren.
In dem halben Jahrhundert bis zur Gründung
des Erzherzogtums Kuslik scheinen sich hingegen sehr viele Flüchtlinge
aus anderen, zerstörten Städten in Bethana gesammelt zu haben
- und zwar, so heißt es, weil sie angesichts des Untergang alles
Bestehenden die Rückkehr ins Güldenland, in die Heimat ihrer
Ureltern anstrebten. Mit der Zeit aber wurden die Zustände erträglicher,
und aus dem Dorf wurde eine richtige, wenn auch kleine Stadt, die sich
seit jeher vor allem von den Künsten Efferds ernährt und ihren
Wohlstand gewinnt.
Über die Geschicke der anmutigen
Stadt wacht derzeit Baronin Hesindiane von Bethana-Aralzin, doch ihre Pflichten
bei Hofe lassen sie nur selten in Bethana weilen, so daß der Stadtrat
mehr oder minder frei regieren kann - solange er weder die Baronin noch
den Erzherzog in Horasia verärgert. Die 10n Stadtbüttel reichen
in der Regel auch aus, um den Frieden zu wahren, so daß die 50 Bogner
des Erzherzogs nur sehr selten zusätzlich als Ordnungsmacht eingreifen
müssen.
Eine kleine Werft und die weithin bekannte
Segelmacherei Nivian sind heute die wichtigsten Handwerksbetriebe, Fischerei
und Seehandel bestimmen das Alltagsgeschehen in der Hafenstadt Bethana.
Trotz des regen Treibens der Fischer,
Segelmacher, Werftarbeiter und Kaufleute strahlt Bethana eine bemerkenswerte
Ruhe aus - die wehmütige Erinnerung an eine versunkene Zeit, die jeden
in den Bann zieht, der sich in der Stadt aufhält. Viele Künstler,
darunter Bildhauer, Maler, Musiker und Baumeister, haben sich in der Stadt
niedergelassen, einige ihrer Kunstwerke sind im Horaspark, auf dem Marktplatz
und entlang der Hafenpromenade zu bestaunen. Die Barden ganz Aventuriens
haben Bethana der besonderen Atmosphäre wegen zu einem ihrer Treffpunkte
auserkoren. Bisweilen aus spontanem Anlaß, aber auf jeden Fall regelmäßig
alle vier Jahre, findet in Bethana ein Bardentreffen statt, das sich von
den übrigen Veranstaltungen dieser Art deutlich unterscheidet: Wird
anderswo ein ausgelassenes Volksfest gefeiert, so ist das Treffen in Bethana
eher ein Künstler-Forum, bei dem gegenseitige Inspiration und die
Kritik des fachkundigen Publikums die entscheidenden Rollen spielen. Künstler
aus ganz Aventurien reisen eigens nach Bethana, um an der Veranstaltung
teilzunehmen, sei es um selbst vorzutragen oder sich vom Dargebotenen unterhalten
zu lassen.
Bethana ist eine kleine, etwas verschlafene
Hafenstadt, deren kleine schmucklose Häuser zum Teil noch aus der
Zeit des Bethana-Klosters stammen. Efferds Gaben - Wind, Regen und Gischt
- haben sie in den Jahrtausenden zurechtgeschliffen und lassen sie fast
wie gewachsenen Stein aussehen, und selbst die neuen Gebäude geben
zu erkennen, daß sie aus den Steinen doch einmal zusammengestürzter
älterer Bauwerke errichtet wurden.
Die Gassen zwischen den Häusern sind
eng, und breitere Straßen, gar offene Plätze finden sich nur
am Hafen, wo Waren gelöscht, verladen und umgeschlagen werden - hier
findet sich der einzige Teil der Stadt, der etwas lebendiger wirkt.
Die Seele Belhankas bildet der Efferdtempel,
ein mächtiger Rundbau im Herzen der Stadt, dessen Dächer vollständig
mit blauglasierten Kacheln bedeckt sind.
Hier residiert die Hochgeweihte der Kirche,
die Hüterin des Zirkels, von hier aus wurde der Efferdglaube in grauer
Vorzeit in alle Regionen Aventuriens getragen. Für die Efferdgeweihten
ist der Tempel seit Menschengedenken die wichtigste Pilgerstätte,
und es kommt nicht von ungefähr, daß der Krug des Meeresgottes
- die heiligste Reliquie der Bruderschaft von Wind und Wogen - in Bethana
verwahrt wird.
Eine wichtige Bedeutung kommt auch dem
der Hesinde geweihten Gotteshaus zu. Der ebenfalls uralte, kleine Tempel
liegt am Rande eines abgeteilten Stadtviertels, dessen wuchtige Gebäude
beinahe den Eindruck einer Festung vermitteln. Das Gelände beherbergt
eine der bekanntesten weißen Magierakademien Aventuriens, die "Halle
des Vollendeten Kampfes". Über die frühere Verwendung der Gebäude
wird vielfach gemutmaßt. Fanatische Horas-Verehrer glauben, daß
die Bauwerke schon von der heiligen Lamea errichtet wurden und als eine
Art Sommersitz und Tempel des Gottkaisers dienten. Daher verlangen sie
eine sofortige Räumung der als heilig angesehenen Stätte - doch
es gibt mehr als einen vernünftigen Grund, dem Drängen der Fanatiker
kein Gehör zu schenken: Die Akademiker und der ihnen vorstehende Landor
Gerrano sind loyale Gefolgsleute der Kaiserin, etliche der Scholaren aus
Bethana treten nach der Ausbildung den Dienst in der Armee des Lieblichen
Feldes an und stellen für das Militär eine nicht unerhebliche
Verstärkung dar.«
»Das Reich des
Horas«, Gesamtwerk über das Liebliche Feld und die angrenzenden
Provinzen, Staats-Procuratur zu Vinsalt, 2513 Horas |
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