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G e b e i n
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Einwohner: |
1.000 |
Tempel: |
Boron |
»Aus
dem Berichten eines unerschrockenen Wanderers, 2510 Horas: Ein gar gräußlich
Ort aber ist Gebein, daß ichs Dir gar nicht zu schildern vermag.
Übertriffts doch noch das schändlichen Pfahldorfe Mêrin
in den Marschen, und ists ungleich größer. Erbauet war es einst
von nordmärkischen Siedlern, 6 Mal 10 Jahre beherrschte es die Domäne
mit der Garether Knute wie eine zweites Despiona und verseuchte die Gegend
mit seiner mittelreichschen Dekadenz, bis der Eldoreter den Nordmarker
hinauswarf und der Decade "Gräflich Gebein" ein Ende bereitete. Von
dieser Zeit künden uns heute noch der große Ring verfallener,
grünumrankter Mauerskelette, der Gebein im Abstand etwa einer Viertelmeile
umgibt wie ein Geodensteinkreis, wo dereinst die alte Stadtmauer war.
Näherst Du Dich mit einer Kutsche,
so sei gewarnt, denn der Gebeiner ist auf Kutschenüberfälle spezialisiert,
denn viele sind hier auf Durchreisen, um ihr Gut nach Eldoret oder weiters
zu bringen, ein kluger Händler aber meidet wohl lieber die Gegend
und sollte wohl besser die Staatsstraße befahren. Kommst du von Mitternacht
her, so fällt Dir als erstes ins Auge, was der Stadt einst ihren Namen,
und dem nordmarker Borongeweihten wohl Anstoß zur Siedlungsgründung
gab: Am Waldrand des Gûner Haines, auf dem "Blut-Hügel", wie
der Eldoreter sagt, bieten hunderte von halb zerfallenen Boronsrädern
zwischen verwilderten Gestrüpp und knorrigen Nußbäumen,
die ihre krummen Borkenfinger nach Dir ausstrecken und ihr Blätterhaupte
unheimlich im Winde rauschen lassen,
einen schaurigen Anblick. Trittst Du näher,
so vermagst Du auf der Spitze des Hügels, heimlich zwischen Dornenbüschen
versteckt, noch die riesige Steinplatte finden, den Eingang zum Massengrab
der hier ruhenden Toten versperrend, die Namen der Verstorbenen in krakeliger
Meißelschrift nur noch wage wiedergebend. Hier fand die Tragödie
statt, derer man sich in Eldoret nur noch in Form alter Spukmären
erinnert. Hier lehnten sich Dutzende Sklaven gegen Boron daselbst auf und
taten das, was sonst nur der stille Herrscher des Totenreichs darf: sie
nahmen Leben - und es war ihr eigenes. Hier fand das große Gemetzel
statt, mit der sich die restlichen Sklaven an ihren Peinigern rächten.
Hier errichteten sie das Grab für ihre Kameraden. Und hier sollen
noch heute die Geister der Verstorbenen im Boronmond als Wiedergänger
ruhelos umherirren, weil sie dem Totenherrn spotteten. Doch halt!
Neben dem alten Gestein ragen hunderte
frische Boronsräder und Sterbetafeln aus der Erde, finden sich derweil
auch vielerlei neue Gräber. Wohl hat das seinen Grund: Der Rote Tod
forderte mehr Menschenleben, als die Gebeinfelder der Städte und Dörfer
hätten aufnehmen können, so bestatte man sie kurzerhand auf dem
Bluthügel, der so zur größten Grabstätte Chababiens
anwuchs. Der Fluch, der auf Gebein lastet, aber ist dreifach: Der Fluch
der Verstorbenen, der Fluch der Nordmarker, der Fluch der Wegelagerer.
Hast Du das Grab hinter dir gelassen, welches noch außerhalb des
Mauerkreises liegt, und hast Du auch diesen durchstoßen, so öffnet
sich Dir der Blick auf eine scheinbar wahllos zusammengewürfelte Siedlung,
deren weiße Lehmbauten sich aber einem gemeinsamen Zentrum zuneigen:
Dem Tempel des Heiligen Grabes, dem Borontempel, einem flachen Rundbau
aus schwarzem Basalt, ganz im Kontrast zu den übrigen Gebäuden,
und diese allemal überragend, auf einem runden Sandplatze. Lediglich
eine großen Rundtür aus Mohagoni und darüber ein Giebel
mit einem Raben aus schwarzem Marmor durchbrechen die glatte Fassade des
Rundbaus und ein Hauch von Rauschkraut umnebelt Dir die Sinne. Seit des
Markgrafen Phrenos Geplänkel mit Al'Anfa und Mengbilla gehört
dieser Tempel dem schändlichen Al’Anfaner Ritus an und aufgrund gewitzter
vertraglicher Regelungen konnte der einzige Geweihte Nassor K'Wassori bisher
noch nicht des Landes verwiesen werden. Daß es derselbe mit der Behütung
des Grabmals vor der Stadt nicht so ernst nimmt, beweist dessen verwahrloster
Zustand. Betrittst Du nun weiters die Stadt, so Dich der Mut noch net verlassen,
oder Du gar auf phexungefälliges Glücksspiel aus bist, was Du
hier zahlreich wie sonst nirgends finden kannst, so glotzen Dir die feisten
Gesichter übelsten Lumpenpacks, die Hand bereits auf dem Schwert ruhend,
mit Firunsmiene entgegen, und Du weist net, wer ist ein braver Bürgermann
oder ob Du noch lang lebst. Die wehrhafte Kalkvilla des Kommissarios aber
liegt noch am Rande das Mauerkreises, er hat keinen Einfluß
auf sein ruchloses Dörfchen, denn hier gilt nur das Gesetz des Padre,
also brauchst Du net hoffen auf eines Büttels oder des Kommissarios
Hilfe. Sogar der Gransignore, der die kommissarliche Verwesung dieser Gegend
befahl, ist hier machtlos.
Schnell feststellen tust Du, daß
der schwarze Tempel der Götter einziges Haus ist, obwohls aber noch
ein "Haus der Wilden Rahja" hat, von außen einem Tempel wohl ähnlich,
welches aber in re vera ist ein Bordell, in dem net grad die schönsten
Weiber die unvorstellbarsten Dinge mit Dir tun. Das Haus des Padre aber
ist Prunk, verziert mit kostbarstem Stuck, Blattgold und edlen Statuen,
der Wohnstatt eines Al'Anfanischen Granden gleich, aber alles eigentlich
nicht sein Eigen. Ehemals wars Wohnstatt der Nordmarker Statthalter, doch
niemand, ders jeh von innen gesehen, konnt uns was davon erzählen.
Bist du schadlos an Gebein vorbeigezogen,
so findst du bald das einzig wunderbare dieser Gegend weiter gen Mittag:
Wiederum am Rande des Waldes find sich eine natürliche, halbrunde
Lichtung, hier bricht plötzlich im Halbrund und etwa mannshoch eine
Steinwand aus Gras und Waldwerk herfür, wie die abgeschnittene Hälfte
eines Hügels, was in Eldoret fürwahr eine Seltenheit ist, und
so auch hier mit etwas Besonderem behaftet: Efferds Element dringt hier
glitzernd durch alle Poren des Gestein, verbindet sich mit Erde und Luft,
bildet unzählige kleine Miniaturfälle, umnebelt die Lichtung
mit seiner kühlen Gischt, vereint sich zu einem kleinen See, um sich
dann energisch seinen Weg durch SUMUs Leib zu bahnen, durch die Sümpfe
und bis zur Küst. Als Despon ist er bekannt, zurückführen
läßt er sich auf die altbosparanische Verlobung "Desponsia",
denn am Quell bereits versprach er sich dem Meer der Sieben Winde, mit
dem er in der Lagune von Despiona endlich Hochzeit feiert.«
»Tractatio Eldoretis
- Eine getreuliche Beschreibung der Domäne Eldoret«, Gransignor
Ricardo ter Bredero ash Manek, 2510 Horas |
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